Artikel-Informationen
erstellt am:
21.04.2004
zuletzt aktualisiert am:
16.06.2010
Ansprechpartner/in:
RiOVG Dr. Jürgen Rettberg
Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Str. 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131 718-187
Fax: 04131 718-208
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht – 7. Senat - hat heute zwei Verfahren entschieden, in denen es um die Verantwortung für Rüstungsaltlasten im Bereich der sogenannten Muna Hambühren ging, einer Anlage, in der seit 1942 unter der Regie des damaligen Oberkommandos der Luftwaffe Flugabwehrgranaten produziert wurden. Mit der Aufgabe der Anlage am 10. April 1945 kam es zu Plünderungen und Teilsprengungen der Gebäude. Heute ist das Gelände überwiegend mit Wohnhäusern bebaut. In den 90er Jahren ergaben Untersuchungen Boden- und Grundwasserkontaminationen durch sprengstofftypische Verbindungen, die dem ehemaligen Produktionsbetrieb zugerechnet wurden.
Der Landkreis Celle hat die Bundesrepublik Deutschland zur Errichtung von Grundwassermessstellen und zu halbjährlichen Wasseruntersuchungen verpflichtet sowie zur Erstattung der Kosten bereits von ihm durchgeführter Erkundungsmaßnahmen in Höhe von rd. 313.000,00 Euro herangezogen. Er ist der Auffassung, die Bundesrepublik Deutschland sei wegen ihrer Teilidentität mit dem Deutschen Reich für die Folgen der von diesem verursachten und ihm zuzurechnenden Altlasten verantwortlich.
Das Verwaltungsgericht hat den dagegen gerichteten Klagen in beiden Fällen stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der beklagte Landkreis Ansprüche gegen die Bundesrepublik geltend mache, die, sollten sie tatsächlich entstanden sein, unter das Allgemeine Kriegsfolgengesetz vom 05.11.1957 (AKG) fielen und damit erloschen seien.
Mit den bereits vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufungen hat der Beklagte darauf bestanden, die Bundesrepublik zu Recht als Verantwortliche herangezogen zu haben. Es handele sich im Kern um ordnungsrechtliche Verpflichtungen, die auf sie übergegangen und die nach dem AKG nicht erloschen seien.
Mit seinen heutigen Urteilen hat sich das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht der Auffassung des beklagten Landkreises angeschlossen und die Klage der Bundesrepublik gegen die sie belastenden Bescheide abgewiesen. Die wesentlich auf den Betrieb der Muna zurückzuführenden Kontaminationen des Grundwassers seien eine Altlast, die von den Organen des Deutschen Reichs rechtswidrig verursacht worden sei. Die Verantwortung dafür treffe heute die Bundesrepublik, weil sie nach herrschender Staatsrechtslehre mit dem Deutschen Reich teilidentisch sei. Die mit der Verursachung bereits begründeten und nach späterem Recht daraus abgeleiteten konkreten Verpflichtungen seien weder verwirkt noch verjährt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien sie auch nicht nach dem AKG erloschen. Dieses Gesetz regele das Schicksal von Ansprüchen gegen das Deutsche Reich. Bei den verfügten abfall- und bodenschutzrechtlichen Maßnahmen handele es sich aber nicht um Ansprüche des Landkreises gegen die Bundesrepublik in diesem Sinne, sondern um die Aktualisierung der dem Störer unmittelbar zuzurechnenden materiellen Polizeipflicht, die nicht gegenüber einem bestimmten Gläubiger, sondern kraft Gesetzes der Allgemeinheit gegenüber bestehe. Es sei auch ermessensgerecht gewesen, den Verursacher und nicht etwa die heutigen Eigentümer mit den Schadensabwehrmaßnahmen zu belasten. Da die Maßnahmen auch erforderlich und verhältnismäßig seien, könnten die Bescheide insgesamt nicht beanstandet werden.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat eine Revision gegen seine Entscheidungen nicht zugelassen (7 LC 97/02 und 7 LC 98/02).
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21.04.2004
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16.06.2010
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RiOVG Dr. Jürgen Rettberg
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