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Nächtliche Leuchtwerbung auf ehemaligem Funkturm zumutbar

Die Kläger sind Miteigentümer und Nutzer einer im 17. Stock des sog. Bredero-Hochhauses in Hannover gelegenen Eigentumswohnung. Sie wenden sich gegen eine Lichtwerbeanlage, welche die beigeladene VW-AG mit Genehmigung der Stadt Hannover im Jahre 2000 auf dem ehemaligen Funkturm der Telekom installiert hat. Der Funkturm war in den Jahren 1958/1959 errichtet worden und wurde von der Telekom zwischenzeitlich außer Dienst gestellt. Die Werbeanlage besteht – neben einem im Uhrzeigersinn umlaufenden Schriftzug "Nutzfahrzeuge" – im Wesentlichen aus drei VW-Emblemen. Diese sind rund 103 m über Grund angebracht worden. Sie drehen sich mit einer Umlaufgeschwindigkeit von einer Minute gegen den Uhrzeigersinn, haben einen Durchmesser von 9 m und sind erleuchtet. Nach der angefochtenen Baugenehmigung dürfen sie auf die nächstgelegene Wohnung mit einer Lichtstärke von 1 Lux einwirken. Vor allem hierdurch sehen sich die Kläger unzumutbar belästigt.

Das Verwaltungsgericht hat die gegen die Baugenehmigung gerichtete Klage abgewiesen. Der 1. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat im Berufungsverfahren (1 LC 75/02) in den Abendstunden des 26. Februar 2003 eine Ortsbesichtigung durchgeführt und dabei auch die Wohnung der Kläger aufgesucht. Von deren Balkon aus hat der Senat die Auswirkungen der Werbeanlage in Augenschein genommen und die Stärke des in den Abend- und Nachtstunden einfallenden Lichts durch einen Lichttechniker messen lassen. Dabei wurden die streitigen Werbeanlagen kurzzeitig ausgeschaltet, um den Einfluss der von der Stadt aufscheinenden sonstigen Lichtquellen zu ermitteln.

Auf der Grundlage der bei der Ortsbesichtigung gewonnenen Erkenntnisse hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Maßgeblich für die Entscheidung waren die folgenden Erwägungen:

Die Grenzabstandsvorschriften hält die Lichtwerbeanlage zwar aller Voraussicht nach nicht vollständig ein. Von den Abstandsvorschriften hat jedoch die Stadt Hannover in wirksamer Weise eine Ausnahme erteilt. Denn ohne die streitige Werbeanlage kann der frühere Funkturm, der mittlerweile eine Art Wahrzeichen, d. h. Teil der stadttypischen Silhouette, von Hannover geworden ist, nicht in wirtschaftlich vernünftiger Weise erhalten werden. Schützenswerte Interessen der Kläger werden hierdurch nicht unzumutbar beeinträchtigt. Zwar wirkt der Nachtbetrieb der Werbeanlagen auf deren Wohnung ein. Die Kläger haben aber keinen Anspruch darauf, von jeder Lichteinwirkung verschont zu bleiben. Denn das Bredero-Hochhaus steht in einem Kerngebiet. In Kerngebieten dürfen Leuchtwerbeanlagen typischerweise auch nachts betrieben werden. Die genehmigte Leuchtintensität überschreitet nicht das Maß des Zumutbaren. Die Ortsbesichtigung hat u.a. ergeben, dass sich die aus der Stadt heraufscheinende sonstige Beleuchtung erheblich stärker auswirkt als die streitige Werbeanlage. Die Messung durch den Lichtingenieur hat überdies zu dem Ergebnis geführt, dass die Werbeanlage das Maß des Zulässigen nicht einmal annähernd ausnutzt. Soweit sich die Kläger dennoch unzumutbar belästigt fühlen, müssen sie sich selbst mit technischen Vorkehrungen gegen hereinscheinendes Licht schützen. Das haben sie im Übrigen auch bereits getan.

Artikel-Informationen

erstellt am:
27.02.2003
zuletzt aktualisiert am:
16.06.2010

Ansprechpartner/in:
RiOVG Dr. Jürgen Rettberg

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Str. 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131 718-187
Fax: 04131 718-208

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