Niedersachsen klar Logo

Klagen gegen Genehmigungen der Pilot-Konditionierungsanlage Gorleben erfolglos

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht – 7. Senat – hat heute drei Klagen gegen Genehmigungen der Pilot-Konditionierungsanlage Gorleben (PKA) abgewiesen (7 KS 563/01, 7 KS 5/02 und 7 KS 650/01).

Im Verfahren 7 KS 563/01 wenden sich die in Bremen bzw. Kall – Sötenich (Eifel) wohnenden Kläger gegen die 3. Teilgenehmigung vom 19. Dezember 2000. Sie halten die Freisetzung radioaktiver Stoffe in der gestatteten Form für schlechterdings rechtswidrig. Außerdem gewährleiste die Anlage keinen Schutz gegen Flugzeugabstürze oder terroristische Angriffe, wie sie seit den Ereignissen vom 11. September 2001 nicht mehr ausgeschlossen werden könnten.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil bereits die Möglichkeit einer Verletzung von Rechten der Kläger nicht gegeben erscheint. Wie das Gericht bereits in seinem Urteil zur 1. Teilgenehmigung, das vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden ist, festgestellt hat, liegt die Strahlenexposition sowohl im Normalbetrieb der PKA wie auch in zu berücksichtigenden Störfällen selbst in unmittelbarer Nähe weit unterhalb der Dosisgrenzwerte der Strahlenschutzverordnung. Das gilt erst recht an den weit entfernt liegenden Wohnorten der Kläger. Hinzu kommt, dass infolge der Nichtgestattung einer Konditionierung durch Zerschneiden, wie sie ursprünglich als Alternative noch vorgesehen war, die maßgeblichen Grenzwerte noch weniger, nämlich zu nur noch etwa 2%, ausgeschöpft werden. Die Genehmigung leidet auch nicht unter Verfahrensfehlern und ist ferner nicht unbestimmt. Terroristische Angriffe wie die in New York im September 2001 und daraus erwachsende Gefahren konnte die Genehmigungsbehörde zum Zeitpunkt des Genehmigungserlasses noch nicht berücksichtigen.

Im Verfahren 7 KS 5/02 begehrt der in Bremen wohnende Kläger die Feststellung der Nichtigkeit aller drei Teilgenehmigungen. Diese verstießen gegen die guten Sitten; insbesondere würde bei einer Ableitung radioaktiver Stoffe über den Fortluftkamin Straftatbeständen zuwidergehandelt.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat diese Klage als unzulässig abgewiesen. Soweit die 3. Teilgenehmigung angegriffen wird, ist diese wegen bereits bestehender Rechtshängigkeit im früher anhängig gewordenen Verfahren 7 KS 563/01 unzulässig. Die 1. und 2. Teilgenehmigung vom 30. Januar 1990 und 21. Juli 1994 kann der Kläger ebenfalls nicht mehr angreifen, nachdem seine dagegen bereits geführten Klageverfahren rechtskräftig abgeschlossen sind und eine entscheidungserhebliche Änderung der Sach- oder Rechtslage für ihn nicht eingetreten ist.

Im Verfahren 7 KS 650/01 wendet sich der Kläger gegen die 3. Teilgenehmigung. Er wohnt an der Transportstrecke ca. 1,5 km von der Anlage entfernt, ist Elbfischer in den Flussabschnitten ober- und unterhalb von Gorleben und befürchtet u.a. schädliche Auswirkungen auf den Fischbestand durch die Einleitung radioaktiver Abwässer. Auch durch andere radioaktive Emissionen der Anlage im Normalbetrieb wie bei Störfällen werde er beeinträchtigt. Die 3. Teilgenehmigung entspreche mit ihrem eingeschränkten Gestattungstatbestand nicht mehr dem ursprünglich vorgesehenen Konzept und dem damit verbundenen vorläufigen positiven Gesamturteil. Es dürfe nicht bereits jetzt ein Betrieb gestattet werden, dessen Aufnahme in wesentlichen Teilen erklärtermaßen von noch ungewissen zukünftigen Voraussetzungen abhängig sei. Risiken, die durch Direktstrahlung bei Transporten und damit auch bei ihm einträten, seien überhaupt nicht geprüft worden. Die Anlage sei ferner nicht für einen Schutz gegen den Absturz großer Verkehrsmaschinen ausgelegt, wie sie bei den New Yorker Novemberereignissen benutzt worden seien. Entsprechendes müsse für vergleichbare Angriffe mit militärischen Mitteln durch Terroristen angenommen werden.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Genehmigung Rechte des Klägers nicht verletzt. Sie ist nicht verfahrensfehlerhaft. Vor ihrer Erteilung brauchte kein neues Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren durchgeführt zu werden, weil sich die Anlagenkonzeption mit ihren Auswirkungen, wie sie bereits Gegenstand des Beteiligungsverfahrens vor Erlass der 1. Teilgenehmigung war, nicht verändert hat. Auch hat die zwischen der Betreibergesellschaft und der Genehmigungsbehörde 1997 geschlossene Vereinbarung zu keinen Fehlern der Genehmigung geführt. In der Sache konnte das Gericht ebenfalls keine relevanten Mängel erkennen. Die Genehmigung regelt im Einzelnen nicht die Ableitung radioaktiver Abwässer in die Elbe. Der Beklagte durfte den Vollzug der Genehmigung in Teilen auch von der - derzeit nicht möglichen - Benennung eines Endlagerstandortes abhängig machen. Die Genehmigung enthält ferner durchaus Einschränkungen der Umlade-Durchsätze, die bei den zugelassenen radioaktiven Ableitungen berücksichtigt worden sind, und ist damit nicht unvollständig. Gefahren aus Behältertransporten brauchten bei der Beurteilung der Strahlenbelastung durch die PKA nicht berücksichtigt zu werden. Entsprechendes gilt für Gefahren, die durch terroristische Angriffe nach Art der Ereignisse in New York 2001 auftreten könnten. Diese gehörten zum maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nicht zum Bereich der erforderlichen Gefahrenvorsorge.

Die Revision ist in keinem der drei Urteile zugelassen worden.

Artikel-Informationen

erstellt am:
27.11.2003
zuletzt aktualisiert am:
16.06.2010

Ansprechpartner/in:
RiOVG Dr. Jürgen Rettberg

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Str. 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131 718-187
Fax: 04131 718-208

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln