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Entscheidung des OVG zum NPD-Aufmarsch in Braunschweig missverständlich wiedergegeben

Im Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) vom 23. Juni 2006 über den NPD-Aufmarsch in Braunschweig am 18. Juni 2006 findet sich folgende Formulierung :

Innenminister Uwe Schünemann (CDU) lobte nach Sitzung des Innenausschusses die Polizei. "Die Beamten haben sich rechtlich einwandfrei verhalten und die Demonstration so abgewickelt wie vorgesehen", sagte er. Der Minister verwies auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Lüneburg, das den Aufmarsch der NPD genehmigt hatte. Die Richter hatten von der Polizei verlangt, "eine Gegendemonstration in unmittelbarer Nähe der Marschroute der NPD zu verhindern".

Zu diesen Ausführungen ist anzumerken, dass es nicht zu den Aufgaben des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts gehört, der Polizei Hinweise für ihr taktisches Verhalten bei Gegendemonstrationen zu geben oder gar bestimmte Maßnahmen der Polizei zu "verlangen". Die Entscheidung darüber steht im Ermessen der polizeilichen Einsatzleitung (sog. Opportunitätsprinzip). Das Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 15. Juni 2005 (11 ME 170/05) lediglich ausgeführt, es sei Aufgabe der Polizei, zur Vermeidung gewalttätiger Auseinandersetzungen eine Gegendemonstration in unmittelbarer Nähe der Marschroute der NPD-Demonstration zu verhindern und auch keine "Kreuzungspunkte" verschiedener Demonstrationen zuzulassen. Selbstverständlich wurde vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht auch nicht etwa "verlangt", Gegendemonstranten – wie offenbar geschehen – länger als zwei Stunden einzukesseln. Die Anwendung konkreter polizeitaktischer Maßnahmen war hier nicht und ist auch sonst nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung im Vorfeld einer Demonstration. Vielmehr hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Rechtsgrundsätze angewendet (vgl. dazu: RiBVerfG Hoffmann-Riem, in NJW 2004, 2777ff.). Danach bietet die Gefahr von Gewalttätigkeiten durch Gegendemonstrationen Anlass für polizeiliche Maßnahmen gegen die Gegendemonstrationen bis möglicherweise zu ihrem Verbot, kann aber nicht das Verbot der Ausgangsdemonstration rechtfertigen (außer in dem seltenen Ausnahmefall eines sog. polizeilichen Notstands).

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
RiOVG Dr. Jürgen Rettberg

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Str. 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131 718-187
Fax: 04131 718-208

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