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Beschränkungen des Versammlungsrechts anlässlich des Castor-Transports 2004 gerichtlich bestätigt

Mit Urteilen vom 29. Mai 2008 hat das Niedersächsiche Oberverwaltungsgericht - 11. Senat - die von der damaligen Bezirksregierung Lüneburg erlassene versammlungsrechtliche Allgemeinverfügung anlässlich des Anfang November 2004 durchgeführten Castor-Transports von radioaktivem Abfall aus der Wiederaufbereitungsanlage La Hague, Frankreich, in das Zwischenlager Gorleben als rechtmäßig bestätigt (Az.: 11 LC 138/06 und 11 LC 141/06).

Mit der Allgemeinverfügung hatte die Bezirksregierung Lüneburg ein Versammlungsverbot angeordnet, das sich räumlich auf die Eisenbahnstrecke von Lüneburg nach Dannenberg einschließlich eines Bereichs von 50 m beiderseits der Gleisanlagen, die zwei möglichen Straßentransportstrecken von Dannenberg nach Gorleben einschließlich bezeichneter Verbindungsstraßen und eines Bereichs von 50 m beiderseits der Straßen sowie auf Flächen im Umfeld der Verladestation in Dannenberg und des Zwischenlagers in Gorleben erstreckte. Für die genannten Bereiche wurden für die Dauer der Abwicklung des Castor-Transports ab Montag, den 8. November 2004, alle öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge untersagt. Für unangemeldete Versammlungen, sog. Spontanversammlungen, galt das Versammlungsverbot bereits für das Wochenende vor dem Transport ab Sonnabend, den 6. November 2004.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht ist nicht der erstinstanzlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts Lüneburg gefolgt, nach der angemeldete Versammlungen während der eigentlichen Transportphase und Spontanversammlungen für das Wochenende vor dem Transport nur für den Bereich der Schienentransportstrecke hätten untersagt werden dürfen. Zur Überzeugung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts war nach den im Vorfeld des Castor-Transports vorliegenden Erkenntnissen damit zu rechnen, dass die Transportstrecke insgesamt über einen möglichst langen Zeitraum von Castorgegnern blockiert werden sollte und dabei auch Beschädigungen an der Strecke beabsichtigt waren. Ohne das erlassene Versammlungsverbot wäre es den Einsatzkräften der Polizei und des Bundesgrenzschutzes unter Berücksichtigung der Länge der Transportstrecke, des teilweise schwer überschaubaren Geländes und der zu erwartenden Zahl von mehreren tausend Demonstranten voraussichtlich nicht möglich gewesen, die Durchführung des Castor-Transports ohne erhebliche Störungen zu gewährleisten. Entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts waren die Voraussetzungen für das Vorliegen eines polizeilichen Notstands deshalb in vollem Umfang erfüllt. Das räumlich und zeitlich beschränkte Versammlungsverbot war zur Gefahrenabwehr geeignet und erforderlich. Eine unverhältnismäßige Einschränkung der Versammlungsfreiheit war damit nicht verbunden. Denn in Hör- und Sichtweite der Transportstrecke standen hinreichende Möglichkeiten zur öffentlichkeitswirksamen Durchführung von Protestveranstaltungen zur Verfügung.

Auf die Berufung der Polizeidirektion Lüneburg hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht deshalb die gegen die Allgemeinverfügung gerichteten Klagen der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg und der Initiative "X-tausendmal quer" abgewiesen und die von den Initiativen eingelegten Berufungen zurückgewiesen. Zugleich hat es die Untersagung der von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg für den 8. November 2004 angemeldeten Versammlung "Testlauf" unter dem Motto "Fit gegen Castor" zwischen Langendorf und Groß Gusborn und der von der Initiative "X-tausendmal quer" für die Verladephase angemeldeten Mahnwache vor dem Gelände der Verladestation in Dannenberg als rechtmäßig bestätigt. Beide Versammlungen fielen in den Geltungsbereich der Allgemeinverfügung.
Die Revision gegen die Urteile wurde nicht zugelassen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
04.06.2008
zuletzt aktualisiert am:
16.06.2010

Ansprechpartner/in:
RiOVG Dr. Jürgen Rettberg

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Str. 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131 718-187
Fax: 04131 718-208

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