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Abfallgrundgebühren 2007 des Landkreises Aurich rechtsfehlerhaft

Der 9. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Urteilen vom 27. Juni 2011 - 9 LB 168/09 und 9 LB 169/09 - die Erhebung von Abfallgebühren für 2007 durch den Landkreis Aurich für rechtswidrig erachtet. Die Kläger, die in der Stadt Norderney jeweils über zwei Ferienwohnungen verfügen, wurden in 2007 zu Abfallgebühren herangezogen. Diese setzten sich jeweils zusammen aus einer für alle Benutzungseinheiten - etwa jede Wohnung und Ferienwohnung, jeden Gewerbebetrieb, Hotels, Kliniken, Campingplätze u. a. - gleich hohen Grundgebühr von 77,00 EUR jährlich und Leistungsgebühren für den Bio- und Restabfall, die nach dem Behältervolumen und der Leerungshäufigkeit bemessen waren. Die Kläger halten im Wesentlichen die für alle Benutzungseinheiten gleich hohe Grundgebühr und diesbezüglich die Gleichsetzung ihrer Ferienwohnungen mit beispielsweise Hotels für nicht gerechtfertigt. Den gegen ihre Heranziehung gerichteten Klagen hatte das Verwaltungsgericht Oldenburg stattgegeben (2 A 1313/07 und 2 A 1295/09), die dagegen gerichteten Berufungen blieben beim 9. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ohne Erfolg.
Die jährliche Grundgebühr von 77,00 EUR je Benutzungseinheit ist nach Auffassung des Senats nicht rechtmäßig. Die zu Grunde liegende Gebührenbedarfsberechnung des Landkreises Aurich hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, weil bei der Ermittlung des über die Grundgebühr zu deckenden Aufwands in erheblichem Umfang variable, also von der Abfallmenge abhängige Kosten, wie etwa für die Abfuhr des Sperrmülls und die Sperrmüllverwertung, enthalten sind. Unter einer Grundgebühr ist eine Benutzungsgebühr zu verstehen, die für die Inanspruchnahme der Lieferungs- bzw. Betriebsbereitschaft einer Einrichtung erhoben wird. Mit ihr sollen die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten (sogenannte Fixkosten) ganz oder teilweise abgegolten werden. Dazu rechnen insbesondere kalkulatorische Kosten (Abschreibungen, Zinsen), Verwaltungskosten und insoweit anteilig Personalkosten. Dies hat der Landkreis Aurich nicht beachtet, indem er beispielsweise die Kosten für die Sperrmüllentsorgung und -verwertung in voller Höhe eingestellt, d.h. eine Aufteilung auf Grundgebühr und - verbrauchsabhängige - Leistungsgebühr nicht vorgenommen habe. Des Weiteren ist für den Senat aus der Gebührenbedarfsberechnung, die dem Kreistag vorgelegen hat, weder ersichtlich, wie sich die Höhe der jährlichen Grundgebühr im Einzelnen berechne, noch ob die Kalkulation der Grundgebühr an die in der Abfallentsorgungssatzung des Landkreises Aurich definierten Benutzungseinheiten und Benutzergruppen anknüpft. Voraussetzung für eine ermessensfehlerfreie Festlegung des (Grund-)Gebührensatzes durch Satzung ist jedoch, dass die Kalkulation die kalkulatorischen Leitentscheidungen widerspiegelt. Schließlich hat der Landkreis Aurich nicht dargelegt, dass die Erhebung einer für alle Benutzungseinheiten gleich hohen Grundgebühr sachlich gerechtfertigt ist. Dies wäre aber hinsichtlich der von ihm satzungsmäßig festgelegten sechs Benutzergruppen und im Hinblick darauf, dass er über 50 % der Gesamtkosten der Abfallbeseitigung über die Grundgebühr abdeckt, erforderlich gewesen.
Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
29.06.2011

Ansprechpartner/in:
RiOVG Sven-Marcus Süllow

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
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