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OVG legt dem Bundesverfassungsgericht besoldungsrechtliche Vorschrift zur Prüfung vor

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat am 11. November 2004 in einem Rechtsstreit, in dem um die Höhe der Besoldung des als Bibliotheksoberinspektor tätigen Klägers gestritten wird (5 LC 415/03), das Verfahren ausgesetzt. Es hat beschlossen, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einzuholen, ob die für die Bestimmung der Höhe der Besoldung des Klägers maßgebliche Vorschrift des § 72 a BBesG in der Fassung des Versorgungsreformgesetzes vom 29. Juni 1998 (BGBl. I S. 1666) mit und ohne die Änderung durch das Gesetz vom 14. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3702) insoweit mit dem durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Grundsatz amtsangemessener Alimentation vereinbar ist, als einem Beamten, dessen Arbeitszeit entsprechend seiner begrenzten Dienstfähigkeit auf die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit herabgesetzt worden ist, Dienstbezüge nur in Höhe des Ruhegehalts gewährt werden, das er bei Versetzung in den Ruhestand erhalten würde.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verpflichtet das Alimentationsprinzip als ein das Besoldungsrecht bestimmender hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums den Dienstherrn zur Gewährung eines an Dienstrang, Bedeutung und Verantwortung des Amtes orientierten und damit Dienstverpflichtung und Dienstleistung berücksichtigenden angemessenen Lebensunterhalts. Damit schafft der Dienstherr die Voraussetzung dafür, dass sich ein Beamter dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in wirtschaftlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile und gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann. Eine Ausnahme gilt nur für den Fall der von Beamten gewünschten, freiwilligen Teilzeitbeschäftigung. Denn dann gibt der Beamte zu erkennen, dass er auf die volle Alimentation nicht angewiesen ist. Von diesem Fall abgesehen, darf dem Beamten nicht ein wesentlicher Teil des vom Gesetzgeber selbst für amtsangemessen angesehenen und von dem Beamten auch angestrebten Lebensunterhalts vorenthalten werden. Denn durch einen dem Beamten aufgezwungenen Verzicht auf Vollalimentation wäre die Sicherung des Lebensunterhalts und der gebotenen wirtschaftlichen Unabhängigkeit des Beamten in einer Weise beeinträchtigt, die weder mit dem verfassungsrechtlich geschützten Interesse des Beamten selbst noch mit dem öffentlichen Interesse an der Unabhängigkeit und Leistungsfähigkeit des Berufsbeamtentums zu vereinbaren wäre. Der Fall der Herabsetzung der Arbeitszeit wegen begrenzter Dienstfähigkeit ist dem Fall der zwangsweisen Einstellungsteilzeit insofern vergleichbar, als auch hier die Reduzierung der Arbeitszeit und Besoldung dem Beamten aufgezwungen wird (wenn auch aus anderen, in der Gesundheit des Beamten liegenden Gründen). Sämtliche Kommentare, die sich zu dieser Frage äußern, bezweifeln deshalb die Vereinbarkeit des § 72 a BBesG mit dem Alimentationsprinzip.

Der Rechtsstreit wird nach Ergehen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht fortgesetzt.

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.11.2004
zuletzt aktualisiert am:
16.06.2010

Ansprechpartner/in:
RiOVG Dr. Jürgen Rettberg

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Str. 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131 718-187
Fax: 04131 718-208

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