Niedersachsen klar Logo

Kindergeld als Einkommen der Eltern bei der Berechnung von Leistungen nicht zu berücksichtigen

In einem mit Urteil vom 30. September 2004 (12 LC 144/04) vom Niedersächsischen Ober-verwaltungsgericht – 12. Senat – entschiedenen Verfahren streiten die Beteiligten um die Anrechnung von Kindergeld auf nach dem Grundsicherungsgesetz gewährte Leistungen.

Die Klägerin ist eine vollerwerbsunfähige Behinderte, die im Haushalt ihrer Eltern lebt. Der beklagte Landkreis Gifhorn gewährt ihr Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz unter Anrechnung des für sie an ihre Eltern gezahlten Kindergeldes. Der hiergegen gerichteten Klage hat das Verwaltungsgericht Braunschweig mit Urteil vom 11. März 2004 (3 A 406/03) mit der Begründung stattgegeben, Kindergeld sei Einkommen der Eltern, nicht des Kindes.

Die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung des Beklagten hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Es hat sich der Auffassung angeschlossen, dass das nach § 31 EStG und §§ 62 ff. EStG gezahlte Kindergeld nicht Einkommen des Kindes ist, für das es gezahlt wird, sondern es sich grundsätzlich um Einkünfte des Kindergeldberechtigten, d.h. regelmäßig der Eltern, handelt. Nach der – zur Berücksichtigung von Kindergeld bei Sozialhilfeleistungen ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängt die Möglichkeit, Kindergeld als Einkommen des Kindes auf gewährte Sozialleistung anrechnen zu können, davon ab, ob im Einzelfall die zweckorientierte, mit Rücksicht auf das Kind dem jeweils Anspruchsberechtig-ten gewährte Sozialleistung an das Kind weitergereicht, ihm also zugewendet wird. Voraus-setzung für die Anrechnung ist daher die unverzichtbare Feststellung, dass die zweckorien-tierte Leistung dem Kind zugewendet wird,. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn das Kin-dergeld dem Kind im Rahmen des ihm im Haushalt gewährten Familienunterhalts als Natu-ralleistung, wie z.B. Unterkunft, Kost oder Bekleidung, zugute kommt. Es genügt deshalb nicht, dass das Kindergeld in einen "gemeinsamen Topf" fließt, aus dem der Aufwand für den Lebensunterhalt der Haushaltsgemeinschaft insgesamt bestritten wird. Erforderlich ist viel-mehr, dass der Lebensunterhalt des Kindes gerade mittels des zweckorientierten und mit Rücksicht auf das Kind gewährten Kindergelds, d.h. gerade aus dem Kindergeld, bestritten wird. Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nach dem Urteil des Nieder-sächsischen Oberverwaltungsgerichts auf die Einkommensanrechnung bei Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz übertragbar (ebenso: VGH München, OVG Schleswig und OVG Magdeburg; a.A.: OVG Münster).

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.10.2004
zuletzt aktualisiert am:
16.06.2010

Ansprechpartner/in:
RiOVG Dr. Jürgen Rettberg

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Str. 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131 718-187
Fax: 04131 718-208

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln