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Ausnahmegenehmigung zur zielgerichteten letalen Entnahme eines Wolfs war rechtswidrig

Der 4. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat heute seine Beschlüsse vom 12. April 2024, mit denen er die Beschwerden gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Hannover zur Außervollzugsetzung der Genehmigung zur letalen Entnahme eines Wolfs zurückgewiesen hatte (Az.: 4 ME 73/24, 4 ME 74/24 und 4 ME 75/24; vgl. Pressemitteilung vom 12.04.2024), begründet.

Der Senat teilt im Ergebnis die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Abschussgenehmigung rechtswidrig war. Dies folge bereits daraus, dass vor der Erteilung der Abschussgenehmigung den vom Land Niedersachsen anerkannten Naturschutzvereinigungen nicht Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden sei. Ein Absehen von der Anhörung der Naturschutzverbände wegen der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit wäre zwar möglich gewesen, hätte aber einer entsprechenden Begründung in dem Bescheid bedurft, die hier nicht erfolgt sei. Außerdem habe der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) in dem Bescheid auch nicht ausreichend begründet, dass es zum Wolfsabschuss in der betroffenen Region keine mit zumutbarem Aufwand umsetzbare Alternativen gebe, z.B. durch verbesserte Einzäunungen der bedrohten Weidetiere oder ein verändertes Herdenmanagement. Auch die Erwägungen für die Prognose, dass ohne die angeordnete Tötung eines Wolfs im betroffenen Gebiet ein ernster wirtschaftlicher Schaden drohe, begegne rechtlichen Bedenken. In dem Bescheid heiße es dazu, dass bei erfolgreicher Fortsetzung der festgestellten Risstätigkeit eine Tradition des Erwerbs und der Erweiterung von Erfahrungen im Angreifen von ausreichend geschützten Nutztieren begründet werde, die innerhalb des Rudels und an dessen Nachkommen weitergegeben werde. Eine derartig mittel- bis langfristig ausgerichtete Schadensprognose müsse nach Ansicht des Senats aber auf valide wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt sein, die in dem Bescheid jedoch nicht ausreichend belegt würden.

Demgegenüber hat sich der Senat der Ansicht des Verwaltungsgerichts, nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) dürfe eine Abschussgenehmigung ausschließlich für die Tötung eines als Schadensverursacher identifizierten Wolfs ausgesprochen werden, ausdrücklich nicht angeschlossen. Das von der Umweltministerkonferenz verabredete und vom NLWKN mit dem Bescheid praktizierte „Schnellabschussverfahren“, das die Tötung eines Wolfs innerhalb von drei Wochen nach dem letzten Weidetierriss in einem Radius von 1 km um den Ort dieses Nutztierschadens ohne genetische Identifizierung des Wolfs vorsehe, verstoße nicht generell gegen geltendes Naturschutzrecht. Die dem Verfahren zugrundeliegende Annahme, der Abschuss werde sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen Wolf beziehen, von dem weitere Nutztierrisse drohten, sei nicht zu beanstanden.

Die Beschlüsse des Senats sind unanfechtbar.

Eine der Entscheidungen wird zeitnah in der kostenfrei zugänglichen Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen Justiz (https://voris.wolterskluwer-online.de, dort unter Inhaltsverzeichnis und Rechtsprechung) veröffentlicht werden.

Artikel-Informationen

erstellt am:
06.05.2024

Ansprechpartner/in:
RiOVG Harald Kramer

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Straße 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131/718-127
Fax: 05141/5937-32300

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