Artikel-Informationen
erstellt am:
10.11.2020
Ansprechpartner/in:
Ri'inOVG Dr. Gunhild Becker
Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Str. 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131/718-216
Fax: 05141/5937-32300
Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit mehreren Beschlüssen vom 10. November 2020 Anträge auf vorläufige Außervollzugsetzung der Schließung von Betrieben der körpernahen Dienstleistungen oder der Körperpflege durch § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 der Niedersächsischen Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020 abgelehnt (Az.: 13 MN 409/20 u.a.).
Nach der genannten Regelung sind mit Wirkung vom 2. November 2020 Betriebe der körpernahen Dienstleistungen und der Körperpflege für den Publikumsverkehr und Besuche geschlossen. Gegen diese grundsätzliche Schließung hatten sich mehrere Betreiberinnen und Betreiber niedersächsischer Nagel-, Piercing-, Kosmetik- und Tattoo-Studios mit Normenkontrolleilanträgen gewandt und geltend gemacht, dass die Schließung infektionsschutzrechtlich nicht notwendig sei und den allgemeinen Gleichheitssatz verletze.
Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat diese Anträge nach einer sogenannten Folgenabwägung abgelehnt. Für den Senat sei derzeit offen, ob § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 der Niedersächsischen Corona-Verordnung in einem Hauptsacheverfahren für rechtmäßig oder für unwirksam zu erklären sei. Mit Blick auf die gravierenden, teils irreversiblen Folgen eines weiteren Anstiegs der Zahl von Ansteckungen und Erkrankungen für die Rechtsgüter Leib und Leben einer Vielzahl Betroffener sowie die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens ergebe die Folgenabwägung, dass der durch die Schließungsanordnung bewirkte Eingriff gegenwärtig hinzunehmen sei. Der Senat ist wie in den vorhergehenden Verfahren zur aktuellen Niedersächsischen Corona-Verordnung (vgl. zur Schließung der Gastronomiebetriebe die Pressemitteilung Nr. 55/2020 und zur Schließung der Fitnessstudios die Pressemitteilung Nr. 56/2020, beide v. 6.11.2020) zu der Überzeugung gelangt, dass die Verordnungsregelung auf einer tragfähigen und dem Parlamentsvorbehalt genügenden Rechtsgrundlage beruht. Auch durfte der Antragsgegner den vollzogenen Strategiewechsel weg von bisherigen bloßen Betriebsbeschränkungen hin zu weitreichenden Betriebsschließungen und ergänzenden Betriebsbeschränkungen für erforderlich erachten. Gegenüber der Betriebsschließung mildere Mittel seien nicht auszumachen.
Der Senat vermochte im Eilverfahren nicht abschließend zu beurteilen, ob die Verordnungsregelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz zu vereinbaren sei. Die Betriebsschließungen beruhten jedenfalls auf der nicht sachfremden Erwägung, dass ein ganz erheblicher Teil der für das Infektionsgeschehen relevanten sozialen Kontakte von vorneherein verhindert werden müsse. Diese Verhinderung könne neben den ganz erheblichen Beschränkungen von Kontakten im privaten Bereich am gemeinwohlverträglichsten durch Verbote und Beschränkungen in den Bereichen Freizeit, Sport, Unterhaltung und körpernaher Dienstleistungen erreicht werden.
Der Senat hat auch die Privilegierung von Friseurdienstleistungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 b) der Verordnung) nicht als evident unsachlich angesehen. Diese dienten - anders als Tattoo- und Kosmetikstudios - schwerpunktmäßig der Grundversorgung der Bevölkerung mit Körperhygiene im weitesten Sinne. In der Bevölkerung bestehe ein in kürzeren Zeitabständen wiederkehrender und einen großen Personenkreis betreffender Bedarf an Friseurdienstleistungen. Insofern bestehe ein öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung dieser Dienstleistung, wohingegen der Verordnungsgeber einen gleichwertigen Grundbedarf der Bevölkerung bezogen auf andere körpernahe Dienstleistungen nicht annehmen musste, ohne damit die Grenzen der Willkür zu überschreiten.
Die Beschlüsse sind unanfechtbar.
Ein ausgewählter Beschluss wird zeitnah in der kostenfrei zugänglichen Rechtsprechungsdatenbank der Niedersächsischen Justiz (www.rechtsprechung.niedersachsen.de/) veröffentlicht. Vor diesem Hintergrund wird gebeten, von individuellen Anfragen zur Übersendung des Beschlusses abzusehen.
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erstellt am:
10.11.2020
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Ri'inOVG Dr. Gunhild Becker
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