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Norderneyer Bebauungspläne „Innenstadt Nord-Ost“ teilweise und 5. Änderung des Bebauungsplans „Am Weststrand“ insgesamt unwirksam

Der 1. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Urteilen vom 12. und 13. Mai 2022 nach mündlicher Verhandlung vor Ort auf Norderney über die Normenkontrollanträge verschiedener Antragsteller gegen Bebauungspläne der Stadt Norderney entschieden (Az.: 1 KN 120/19, 1 KN 37/20, 1 KN 62/20, 1 KN 85/20). Die Anträge waren teilweise erfolgreich.

Gegenstand der Verfahren 1 KN 120/19, 1 KN 37/20 und 1 KN 62/20 waren die Pläne Nr. 4B und 4C „Innenstadt Nord-Ost“, mit denen die Stadt Norderney die städtebauliche Entwicklung ihrer Innenstadt steuern will. Planungsziel ist es unter anderem, der starken baulichen Verdichtung in der Innenstadt entgegenzuwirken. Zu diesem Zweck hat die Stadt Norderney die bauliche Ausnutzung der rückwärtigen Grundstücksbereiche, die Höhenentwicklung sowie die Errichtung von Ferienwohnungen begrenzt und eine Grünfläche auf privatem Grund festgesetzt. Die dagegen gerichteten Anträge verschiedener Grundstückseigentümer hatten teilweise Erfolg.

Der Plan Nr. 4B ist nur insoweit unwirksam, als er auf einer südlich der Anlagen der Deutschen Rentenversicherung gelegenen Fläche („Lüttje Dünen“), die im Eigentum des Landes Niedersachsen steht und bislang Bauland war, eine private Grünfläche festsetzt. Belastbare städtebauliche Gründe, die es rechtfertigen könnten, diese von Bebauung umschlossene Fläche zu Lasten des Grundeigentümers zukünftig von Bebauung freizuhalten, hat der Senat nicht erkennen können. Im Übrigen hat der Senat den Plan nicht beanstandet. Das planerische Konzept der Stadt, die rückwärtigen Grundstücksbereiche von wesentlicher Bebauung freizuhalten, ist auch und gerade angesichts der bereits starken baulichen Verdichtung tragfähig und rechtfertigt die damit verbundenen Einschränkungen für die Eigentümer.

Der Plan Nr. 4C ist insgesamt unwirksam. Die Stadt Norderney durfte die Zulassung von Ferienwohnungen nicht auf solche beschränken, die gewerblich und nicht bloß zum Zweck der Vermögensverwaltung betrieben werden. Für eine solche Unterscheidung fehlt ein tragfähiger städtebaulicher Grund. Die weiteren Angriffe der Antragsteller hat der Senat zurückgewiesen. Insbesondere ist die planerische Konzeption der Stadt, die auf eine Begrenzung der Höhenentwicklung abzielt und die Zahl der zulässigen Geschosse deutlich beschränkt, von belastbaren städtebaulichen Gründen getragen und frei von Abwägungsfehlern.

Gegenstand des Verfahrens 1 KN 85/20 war die 5. Änderung des Bebauungsplans Nr. 28 „Am Weststrand“ für einen südwestlichen Teil der Insel. Die Antragsteller in diesem Verfahren sind Eigentümer einer Eigentumswohnung. Für diese Wohnung war in der vorangegangenen Fassung des Bebauungsplans eine Nutzung als Betriebswohnung vorgesehen. Sie sollte demnach Personen als Wohnung dienen, die im Dienstleistungsbereich auf der Insel tätig sind. Tatsächlich wurde sie durch die Antragsteller als Zweitwohnung genutzt oder als Ferienwohnung vermietet. Der angefochtene neue Bebauungsplan sieht für den Gebäudekomplex, in dem sich die Wohnung befindet, durch Festsetzung eines sog. Sondergebietes die Nutzung als Dauerwohnraum vor. Der Senat hat diesen geänderten Bebauungsplan aus einem formellen Grund für unwirksam erklärt, weil die Stadt Norderney ihr Planungsziel mit der Festsetzung eines (reinen) Wohngebietes hätte verfolgen müssen. Weiteren Einwänden ist die Planung hingegen nicht ausgesetzt. Die Stadt darf Gebiete zur ausschließlichen Nutzung durch Dauer- oder Betriebswohnungen festsetzen und Zweit- sowie Ferienwohnungen ausschließen, um die Wohnraumversorgung der Insulaner zu sichern. Auf private Eigentümerinteressen musste sie dabei in diesem Fall keine Rücksicht nehmen, weil die Nutzung als Zweit- oder Ferienwohnung im Plangebiet seit jeher illegal war und aufgrund der Wirksamkeit des Vorgängerplans auch weiterhin ist.

Die Stadt Norderney kann die vom Senat beanstandeten Mängel der Pläne Nr. 4C und Nr. 28 in einem ergänzenden Verfahren beheben und die Pläne anschließend erneut in Kraft setzen.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung der Urteile Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.



Artikel-Informationen

erstellt am:
17.05.2022

Ansprechpartner/in:
RiOVG Harald Kramer

Nds. Oberverwaltungsgericht
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Tel: 04131/718-127
Fax: 05141/5937-32300

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