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Planfeststellungsbeschluss für die Ortsumgehung Wunstorf ist rechtswidrig und nicht vollziehbar

Der 7. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit zwei Urteilen vom 27. August 2019 (Az. 7 KS 24/17 und 7 KS 25/17) festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr vom 30. Dezember 2016 für den Neubau der Ortsumgehung Wunstorf im Zuge der Bundesstraße B 441 (Stadt Wunstorf, Region Hannover) rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

In der Innenstadt von Wunstorf treffen die Bundesstraßen B 441 (Uchte - Hannover) und B 442 (Coppenbrügge - Neustadt am Rübenberge) zusammen. Die geplante Ortsumgehung soll einer nördlichen und östlichen Umfahrung von Wunstorf dienen. Es wird eine Entlastung der Ortsdurchfahrt von Wunstorf sowie der Ortsdurchfahrten Luthe und Blumenau vom regionalen und überregionalen Durchgangsverkehr verfolgt. Zugleich soll die Planung der Schaffung eines leistungsfähigen überregionalen Straßenzugs dienen. Die Länge des Bauvorhabens beträgt 6,545 km. Das Vorhaben ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen dem vordringlichen Bedarf zugeordnet.

Die Kläger, deren Grundstücke zum Teil für das Vorhaben in Anspruch genommen werden, rügen den Planfeststellungsbeschluss als rechtsfehlerhaft.

Der 7. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat ihren Klagen teilweise stattgegeben und die Rechtswidrigkeit und mangelnde Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses festgestellt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass ein Verstoß gegen den artenschutzrechtlichen Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vorliege. Die beklagte Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr habe nicht rechtsfehlerfrei davon ausgehen können, dass das Risiko von betriebsbedingten Tötungen der Vogelarten Rotmilan, Turmfalke, Rauchschwalbe und Star durch Kollisionen mit dem Straßenverkehr nicht in signifikanter Weise erhöht wird. Die beklagte Behörde kann den vom Senat festgestellten Fehler in der Zukunft durch die Durchführung eines Planergänzungsverfahrens heilen.Der Senat hat weiter ausgeführt, dass der Planfeststellungsbeschluss im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden sei. Er weise keine Verfahrensfehler auf. Verstöße gegen das europäische Habitatschutzrecht lägen nicht vor; die Beklagte sei rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass das Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)Gebiet „Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker“ nicht beeinträchtigt werde. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände - insbesondere im Hinblick auf weitere Vogelarten, verschiedene Fledermausarten, die Grüne Keiljungfer und den Biber - seien nicht erfüllt. Ein Verstoß gegen die Wasserrahmenrichtlinie liege nicht vor. Schließlich sei auch das fachplanerische Abwägungsgebot nicht verletzt. Die Variantenprüfung sei nicht zu beanstanden; eine Südumgehung von Wunstorf sei nicht eindeutig vorzugswürdig. Die Belange des Hochwasserschutzes seien ausreichend berücksichtigt worden. Ein Abwägungsfehler liege auch nicht in der Verneinung einer Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes eines der Kläger vor.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen.

§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG lautet:

Es ist verboten,

1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören






Artikel-Informationen

erstellt am:
27.08.2019

Ansprechpartner/in:
Ri'inOVG Dr. Gunhild Becker

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
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21335 Lüneburg
Tel: 04131/718-216
Fax: 05141/5937-32300

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