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Rückführung von Flüchtlingen nach Italien ist zulässig

Der 10. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit zehn Urteilen vom 4., 6. und 9. April 2018 (Az. 10 LB 90/17, 10 LB 91/17, 10 LB 92/17, 10 LB 93/17, 10 LB 94/17, 10 LB 95/17, 10 LB 96/17, 10 LB 98/17, 10 LB 166/17 und 10 LB 168/17) entschieden, dass Asylbewerber nach Italien zurückkehren und dort ihre Asylverfahren (weiter) betreiben müssen, wenn sie in Italien erstmals einen Mitgliedstaat der Europäischen Union betreten haben und dort entweder einen Asylantrag gestellt haben oder auch direkt weiter nach Deutschland gereist sind. Ihr in Deutschland gestellter Asylantrag ist unzulässig, denn Italien ist nach der maßgeblichen Dublin-Verordnung für die Bearbeitung der Asylanträge dieser Flüchtlinge zuständig. Deutschland ist nach der Auffassung des 10. Senats nicht zum sogenannten Selbsteintritt verpflichtet, da das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge in Italien keine schwerwiegenden systemischen Mängel aufweisen. Zwar sind die Unterbringungsbedingungen in Italien zum Teil mangelhaft. Doch begründen diese Mängel keine grundlegenden Defizite des gesamten Unterkunftssystems in Italien, zumal der italienische Staat dem nicht mit Gleichgültigkeit gegenübersteht. Denn er hat Maßnahmen (nahezu Verdreifachung der Zahl der Unterkunftsplätze in der Zeit von 2015 bis 2017 und Integrationsplan von Oktober 2017) ergriffen, die bestehenden Mängel zu beheben.

Der Senat hat daher die gegenteiligen Urteile der Verwaltungsgerichte Hannover und Braunschweig, die den Klagen gegen die Bescheide des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge stattgegeben hatten, geändert und die Klagen in allen Verfahren abgewiesen. Bei den Klägern handelt es sich überwiegend um alleinstehende, junge erwachsene Männer, die auch nicht unter schwerwiegenden Krankheiten leiden.

In einem weiteren am 6. April 2018 verkündeten Urteil (Az. 10 LB 109/18) hat der 10. Senat nach Auswertung der aktuellen Erkenntnismittel ebenfalls keine systemischen Mängel der Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge in Italien festgestellt und die Berufung eines Flüchtlings zurückgewiesen.

Der Kläger dieses Verfahrens war in Italien bereits als Flüchtling anerkannt worden, hatte aber in Deutschland erneut einen Asylantrag gestellt. In Italien haben Flüchtlinge nach ihrer Anerkennung nur einen in der Regel auf 6 Monate begrenzten Anspruch auf Unterbringung in einem staatlichen Unterkunftszentrum. Sie haben aber die gleichen Rechte und Pflichten wie italienische Staatsangehörige. Da jedoch das Sozialleistungssystem in Italien deutlich weniger Sozialleistungen vorhält als in Deutschland, bedeutet dies für nach Italien rücküberstellte anerkannte Flüchtlinge, dass sie dort mit erheblichen Problemen, insbesondere bei der Versorgung mit einer Unterkunft konfrontiert werden, sofern sie keinen Zugang zu einem staatlichen Unterkunftszentrum mehr haben und auch keine Unterkunft in einer kommunalen oder karitativen Einrichtung finden. Flüchtlinge haben allerdings nach Auffassung des Senats keinen Anspruch darauf, besser gestellt zu werden als inländische Staatsangehörige. Deshalb und weil der italienische Staat ersichtlich bemüht ist, die Hilfen auch für diesen Personenkreis zu verbessern, hat der Senat auch insoweit systemische Mängel in den Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge in Italien nicht feststellen können.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der 10. Senat in allen Verfahren nicht zugelassen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.04.2018

Ansprechpartner/in:
VRi' in OVG Andrea Blomenkamp

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Str. 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131-718 187
Fax: 0 5141/5937-32300

http://www.oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de

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