Artikel-Informationen
erstellt am:
25.04.2025
Ansprechpartner/in:
RiOVG Harald Kramer
Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Straße 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131/718-127
Fax: 05141/5937-32300
Der 3. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Urteilen vom 24. April 2025 (Az.: 3 LD 14/23 und 3 LD 12/23) in zwei von der Polizeidirektion Osnabrück gegen niedersächsische Polizeivollzugsbeamte geführten Berufungsverfahren die mit den erstinstanzlichen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 17. August 2023 (Az.: 9 A 1/23 und 9 A 6/21) ausgesprochenen Disziplinarmaßnahmen jeweils verschärft.
Den beiden Polizeivollzugsbeamten wird von der Polizeidirektion Osnabrück unter anderem vorgeworfen, Bild-, Text- und Videodateien rassistischen, Flüchtlinge bzw. Menschen mit Migrationshintergrund herabwürdigenden sowie das nationalsozialistische Unrechtsregime verharmlosenden Inhalts in Einzel- und Gruppenchats innerhalb und außerhalb der Polizei mittels des Messenger-Dienstes WhatsApp versendet zu haben. Damit hätten sie schuldhaft gegen ihre Pflicht zu verfassungstreuem Verhalten verstoßen.
Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat den Beamten in dem unter dem Az. 9 A 1/23 geführten Disziplinarklageerfahren - einen heute 49-jährigen Kriminalhauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11) - in das Amt eines Polizeioberkommissars (Besoldungsgruppe A 10) zurückgestuft. In dem unter dem Az. 9 A 6/21 geführten Disziplinarklageverfahren hat das Verwaltungsgericht gegen den Beamten - einen heute 61-jährigen Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11) - auf eine Kürzung seiner Dienstbezüge für die Dauer eines Jahres um 10 % erkannt. Beide Urteile hat die Polizeidirektion Osnabrück im Berufungsverfahren mit dem Ziel angegriffen, die Entfernung der beiden Polizeivollzugsbeamten aus dem Beamtenverhältnis zu erreichen.
Der 3. Senat hat die erstinstanzlichen Entscheidungen mit seinen Urteilen jeweils verschärft.
Beide Beamte hätten schuldhaft gegen ihre Pflicht verstoßen, durch ihr gesamtes Verhalten für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten. Denn damit unvereinbar sei unter anderem jedes Verhalten, mit dem die Menschenwürde von Personen oder Personengruppen infrage gestellt werde oder das darauf gerichtet sei, die Ziele des nationalsozialistischen Regimes zu verharmlosen oder Bestandteile des NS-Ideologie wieder gesellschaftsfähig zu machen.
Der Beklagte des Verfahrens mit dem Az. 3 LD 14/23 habe durch den Versand von zahlreichen Dateien rassistischen, Menschen ausländischer Herkunft herabwürdigenden sowie das NS-Unrechtssystem und seine Führungsriege verharmlosenden Inhalts in WhatsApp-Einzel- und Gruppenchats innerhalb und außerhalb der Polizei sowie zudem durch den Empfang von etlichen derartigen Dateien über mehrere Jahre hinweg ohne adäquate Reaktion hierauf den objektiven Anschein einer verfassungsfeindlichen Gesinnung erweckt. Dies stelle ein schweres Dienstvergehen dar. Denn von jedem Beamten sei zu verlangen, dass er für den Staat und die geltende verfassungsrechtliche Ordnung einstehe, insoweit Partei ergreife und für sie eintrete.
Dem Beklagten des Verfahrens mit dem Az. 3 LD 12/23 sei - hier allein - der Versand einer nicht unerheblichen Anzahl solcher Dateien in Einzel-Chats innerhalb der Polizei anzulasten, so dass auch er schuldhaft gegen seine Pflicht verstoßen habe, durch sein gesamtes Verhalten für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten.
Demgegenüber hat der Senat aufgrund des sonstigen Verhaltens der beiden Beamten und des von ihnen im Rahmen der mündlichen Verhandlungen gewonnenen Eindrucks nicht feststellen können, dass ihr Verhalten auch Ausdruck einer entsprechenden verfassungsfeindlichen Gesinnung gewesen wäre und sie daher zugleich gegen die Pflicht verstoßen hätten, sich zu der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu bekennen.
Daher hat der Senat jeweils nicht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt, sondern auf die der Zurückstufung, weil mangels festgestellter verfassungsfeindlicher Gesinnung noch ein Restvertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit bestehe, dass die Beamten in Zukunft ihren Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen werden. Aufgrund der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls hat der Senat im Verfahren mit dem Az. 3 LD 14/23 eine Zurückstufung um zwei Besoldungsgruppen (von A 11 auf A 9) und im Verfahren mit dem Az. 3 LD 12/23 eine Zurückstufung um eine Besoldungsgruppe (von A 11 nach A 10) als erforderlich, aber auch ausreichend angesehen.
Die Entscheidungen sind mit ihrer Verkündung rechtskräftig geworden.
Sie werden zeitnah in der kostenfrei zugänglichen Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen Justiz (https://voris.wolterskluwer-online.de, dort unter Inhaltsverzeichnis und Rechtsprechung) veröffentlicht werden.
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25.04.2025
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RiOVG Harald Kramer
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