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Vorläufige Außervollzugsetzung des coronabedingten Abstandsgebots auf Kutschen

Der 13. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 17. Juli 2020 § 12 Abs. 3 Satz 2 der Niedersächsischen Verordnung zur Neuordnung der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 - Niedersächsische Corona-Verordnung - vom 10. Juli 2020 (im Folgenden: Corona-VO) vorläufig außer Vollzug gesetzt (Az.: 13 MN 261/20). Die Bestimmung ordnet an, dass beim Besteigen und Verlassen einer Kutsche sowie zwischen dem Sitzplatz einer Person und dem Sitzplatz jeder anderen Person auf einer Kutsche das allgemeine Abstandsgebot nach § 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 Corona-VO einzuhalten ist. Dieses allgemeine Gebot fordert, zu anderen Personen einen Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten, es sei denn, diese anderen Personen gehören zu dem Hausstand der pflichtigen Person oder zu einem weiteren Hausstand oder zu einer Gruppe von nicht mehr als 10 Personen.

Die Antragstellerin übt in einer niedersächsischen Gemeinde eine Nebenerwerbstätigkeit aus, die auch die Durchführung touristischer Kutschfahrten umfasst. Mit ihrem Normenkontrolleilantrag hat sie eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung touristischer Kutschfahrten gegenüber touristischen Busfahrten geltend gemacht, für die das allgemeine Abstandsgebot nicht gelte.

Der 13. Senat ist dem gefolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass das allgemeine Abstandsgebot nach der Corona-VO für touristische Busreisen nur gelte, "soweit die Zahl der Fahrgäste dies zulässt". Damit stehe die Einhaltung des allgemeinen Abstandsgebots unter einem Vorbehalt, den der Busunternehmer durch die Zahl von Fahrgästen und die Kapazität des Busses beeinflussen könne. Die vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung gegebene Erläuterung, der Vorbehalt solle nur die kurzzeitige Unterschreitung des Mindestabstandes beim notwendigen Toilettengang zur und von der Bordtoilette des Reisebusses in Abhängigkeit vom gegebenen Besetzungsgrad des Busses ermöglichen, habe im Text der aktuellen und auch der davor geltenden Verordnung keinerlei Niederschlag gefunden. Die danach gegebene Ungleichbehandlung touristischer Kutschfahrten, für die das Abstandsgebot gelte, gegenüber touristischen Busreisen, für die das Abstandsgebot unter einen vom Busunternehmer zu beeinflussenden Vorbehalt gestellt sei, beruhe nicht auf Sachgründen. Anders als in geschlossenen Reisebussen, in denen regelmäßig auch zeitlich längere Fahrten als in Kutschen absolviert würden, dürfte in Kutschen wegen ihrer regelmäßig offenen Bauweise ein Aufenthalt an frischer Luft während der Fahrt gewährleistet und damit ein vergleichsweise geringeres Infektionsrisiko gegeben sein.

Der Beschluss ist unanfechtbar.




Artikel-Informationen

erstellt am:
17.07.2020
zuletzt aktualisiert am:
20.07.2020

Ansprechpartner/in:
Ri'inOVG Dr. Gunhild Becker

Nds. Oberverwaltungsgericht
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