Richter aus Polen besuchen die niedersächsischen Fachgerichte
Vom 13. bis 16. November 2007 haben zehn Richterinnen und Richter der polnischen Verwaltungsgerichte Poznan (Posen) und Gorzów Wielkopolski (Landsberg an der Warthe) das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle, das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg und das Niedersächsische Finanzgericht in Hannover besucht. Die drei niedersächsischen Fachgerichte haben im Oktober 2003 mit dem Verwaltungsgericht Poznan eine Kooperationsvereinbarung geschlossen. Die polnischen Verwaltungsgerichte sind, anders als die deutschen Verwaltungsgerichte, nicht nur für das allgemeine und besondere Verwaltungsrecht zuständig, sondern auch für das Finanzrecht und das Recht der Sozialhilfe.
Nachdem im November 2006 eine Delegation der drei niedersächsischen Fachgerichte die Verwaltungsgerichte Poznan und Gorzów Wielkopolski besucht hatte, fand nunmehr der Gegenbesuch statt. Die polnische Delegation wurde von dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts Poznan, Prof. Dr. Andrzej Zieliñski, angeführt.
Die feierliche Auftaktveranstaltung des viertägigen Besuchs, an der für das Niedersächsische Justizministerium Herr Staatssekretär Dr. Jürgen Oehlerking teilnahm, fand am 13. November 2007 im Historischen Ratskeller der Stadt Celle statt, in der die Gäste während ihres Aufenthaltes in Niedersachsen auch wohnten. Staatssekretär Dr. Oehlerking, die Präsidentin des Landessozialgerichts Monika Paulat, der Präsident des Oberverwaltungsgerichts Dr. Herwig van Nieuwland und der Präsident des Finanzgerichts Hartmut Pust hoben in ihren Grußworten die besondere Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungsgerichten Poznan und Gorzów Wielkopolski und den öffentlich-rechtlichen Fachgerichten Niedersachsens hervor. Sie betonten übereinstimmend, dass die Kooperation dazu diene, die Zusammenarbeit auf den Gebieten des Verwaltungs-, Sozial- und Finanzrechts zu fördern und zu intensivieren, die wechselseitigen Kenntnisse des Rechts und der Rechtspflege zu vertiefen und einen nachhaltigen Erfahrungsaustausch zu ermöglichen.
Das Programm am 14. November 2007 wurde vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen gestaltet. Die polnischen Gäste besuchten zunächst das Landessozialgericht in Celle, in dem auf der Grundlage zweier Vorträge der Richterin am Landessozialgericht Annette Zurbrüggen und der Richterin des Hauptverwaltungsgerichts Ewa Makosz-Frymus die Systeme des sozialgerichtlichen Rechtsschutzes in der Bundesrepublik Deutschland und in Polen miteinander verglichen wurden. Nach einer anschließenden Führung durch die Stadt Celle hatten die polnischen Gäste die Möglichkeit, die Sehenswürdigkeiten der Stadt in eigener Regie weiter zu erkunden.
Am 15. November 2007 waren die polnischen Richterinnen und Richter in der Hansestadt Lüneburg Gäste des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts. Nach der Begrüßung durch Präsident Dr. van Nieuwland fand eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung statt, an der auch die Präsidentin und die Präsidenten der niedersächsischen Verwaltungsgerichte teilnahmen. Während dieser Veranstaltung wurden im Anschluss an zwei Vorträge des Richters am Oberverwaltungsgericht Gert Armin Neuhäuser und der Richterin des Wojewodschaftsverwaltungsgerichts Maria Bohdanowicz der Aufbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland und Polen sowie die jeweiligen Möglichkeiten, verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, dargestellt und rechtsvergleichend diskutiert. Am Nachmittag wurden die polnischen Juristen im Rathaus der Stadt Lüneburg empfangen. An den Empfang schlossen sich eine Besichtigung des historischen Rathauses und eine Führung durch die Hansestadt Lüneburg an. Der Tag klang mit einem feierlichen gemeinsamen Abendessen aus.
Am 16. November 2007 besuchten die polnischen Gäste zunächst das Niedersächsische Finanzgericht in Hannover. Dort wurde nach einem Vortrag des Richters am Finanzgericht Joachim Utermöhlen über das in der Bundesrepublik Deutschland aktuelle Problem der Rechtmäßigkeit der Regelungen zur so genannten Pendlerpauschale und auf der Basis eines Vortrags der Richterin des Hauptverwaltungsgerichts Sylwia Zapalska über das in Polen brisante Thema der Besteuerung von nicht deklarierten Einnahmen diskutiert.
Am Nachmittag des 16. November 2007 nahmen die polnischen Juristen auf Einladung der Niedersächsischen Staatskanzlei und in Begleitung von Ministerialdirigent Peter Heine aus dem Justizministerium sowie der Repräsentanten des Landessozialgerichts, des Oberverwaltungsgerichts und des Finanzgerichts an einem Empfang im Gästehaus der Niedersächsischen Landesregierung teil. Dieser Empfang fand im Rahmen eines unter anderem von dem Europäischen Informations-Zentrum Niedersachsen zum 50. Geburtstag der Europäischen Union veranstalteten interkulturellen Austauschs zwischen Studenten aus Polen, den Niederlanden und der Bundesrepublik Deutschland statt. Die polnischen Richterinnen und Richter hatten während des Empfangs, an dem auch der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur Lutz Stratmann teilnahm und ein Grußwort sprach, die Gelegenheit, ein von den Studenten gemeinsam gestaltetes Projekt kennen zu lernen.
Zum Abschluss des viertägigen Besuchs betonten die polnischen Richterinnen und Richter sowie die Repräsentanten der öffentlich-rechtlichen Fachgerichte Niedersachsens, dass der Besuch die freundschaftlichen Beziehungen weiter gefestigt habe und dass die Kooperation im Laufe des kommenden Jahres vertieft werden solle.