Artikel-Informationen
erstellt am:
13.07.2015
Ansprechpartner/in:
VRi' in OVG Andrea Blomenkamp
Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Str. 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131-718 187
Fax: 0 5141/5937-32300
Der 14. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ‑ der Fachsenat für Geheimschutzsachen ‑ hat mit Beschluss vom 2. Juli 2015 (Az. 14 PS 1/15) entschieden, dass die Weigerung des Niedersächsischen Verfassungsschutzes, dem Verwaltungsgericht Göttingen die Akten über einen Rechtsanwalt vollständig vorzulegen, rechtswidrig ist.
Ein in Göttingen niedergelassener Rechtsanwalt, der vorwiegend im Sozialrecht, in der Strafverteidigung, im Polizei- und Ordnungsrecht sowie im Versammlungsrecht tätig ist, hatte aus Presseberichten erfahren, Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes zu sein. Hierauf forderte er den Verfassungsschutz auf, Auskunft über die zu seiner Person gesammelten und gespeicherten Daten zu erteilen. Dem kam der Verfassungsschutz nur teilweise nach. Im Übrigen lehnte er die Auskunftserteilung ab und wies lediglich darauf hin, dass Erkenntnisse vorlägen, über die aus den in § 13 Abs. 2 des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes genannten Gründen keine Auskunft erteilt werden könne. Hiergegen hat der Rechtsanwalt vor dem Verwaltungsgericht Göttingen Klage erhoben. Um die Rechtmäßigkeit der Auskunftsverweigerung durch den Verfassungsschutz überprüfen und so dem Rechtsanwalt den grundgesetzlich geforderten effektiven Rechtsschutz gewähren zu können, hat das Verwaltungsgericht den Verfassungsschutz aufgefordert, auch die zurückgehaltenen Aktenteile vorzulegen. Dieser Aufforderung ist der Verfassungsschutz nicht nachgekommen. Die Verweigerung der Vorlage der für geheimhaltungsbedürftig erachteten Aktenteile ist durch eine "Sperrerklärung" des Niedersächsischen Innenministeriums bestätigt worden.
Auf den Antrag des Rechtsanwalts hat das Verwaltungsgericht hierauf das Verfahren dem Fachsenat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in einem sog. in-camera-Verfahren vorgelegt. In diesem Verfahren wird die Rechtmäßigkeit der Weigerung einer Behörde, für geheimhaltungsbedürftig erachtete Akten einem Gericht vorzulegen, überprüft. Hierzu erhält allein der Fachsenat Einsicht in die geheim gehaltenen Akten. Er sieht diese durch und beurteilt anhand der Erklärungen der Behörde, ob diese den Geheimhaltungsbedarf zu Recht angenommen und unter Ausübung ihres Ermessens auch die widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen an effektivem Rechtsschutz und umfassender Aufklärung des Sachverhalts angemessen abgewogen hat.
Im vorliegenden Fall hat der Fachsenat die Weigerung des Verfassungsschutzes, die vom Verwaltungsgericht angeforderten Aktenteile vollständig vorzulegen, für rechtswidrig erachtet. Der 14. Senat hat beanstandet, dass anhand der Sperrerklärung die geltend gemachten Geheimhaltungsgründe nicht nachzuvollziehen sind. Die Sperrerklärung muss die Akten und Unterlagen aufbereiten und die behaupteten Weigerungsgründe nachvollziehbar darlegen. Dies erfordert eine präzisierende Umschreibung und Zuordnung der geltend gemachten Gründe unter Angabe von Seiten- oder Blattzahlen, gegebenenfalls auch der Bezifferung von Absätzen oder der Gliederungspunkte eines einzelnen Dokuments. Diese präzisierende Umschreibung und Zuordnung der Weigerungsgründe ist in der Sperrerklärung selbst und damit gegenüber dem Gericht der Hauptsache und gegenüber den übrigen Beteiligten des Hauptsacheverfahrens vorzunehmen. Im vorliegenden Fall war diese Zuordnung hingegen nur als Bestandteil der geheim gehaltenen Akten und damit nur gegenüber dem Fachsenat erfolgt. Dies hat der Fachsenat nicht genügen lassen. Denn die Sperrerklärung soll auch die Beteiligten in die Lage versetzen, über die Notwendigkeit der Einleitung eines Zwischenverfahrens zu entscheiden. Die Beteiligten können unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs zudem auch im Zwischenverfahren beanspruchen, sich zu jeder dem Fachsenat zur Entscheidung unterbreiteten schriftlichen Stellungnahme anderer Beteiligter zu äußern. Dieses, nicht zur Disposition stehende Recht der Beteiligten wird verletzt, wenn die präzisierende Umschreibung und Zuordnung der Weigerungsgründe ausschließlich gegenüber dem Fachsenat erfolgt.
Die Feststellung des Fachsenats, dass die Sperrerklärung rechtswidrig ist, hindert den Beklagten nicht, eine neue Sperrerklärung abzugeben.
Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht statthaft.
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erstellt am:
13.07.2015
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