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Termine im November 2019

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht wird – vorbehaltlich weiterer Ladungen und möglicher Terminsaufhebungen – im November 2019 die folgenden Verfahren öffentlich verhandeln, die aus der Sicht des Gerichts für die Öffentlichkeit von Interesse sein könnten:

13.11.2019, 12:00 Uhr, Sitzungssaal 1

Abschnittskontrolle („Section Control“) auf der B 6 (Gleidingen/Rethen)

12 LC 79/19; Vorinstanz: VG Hannover - 7 A 849/19 -

A. (Proz.-Bev.: Rechtsanwalt Ritter) ./. Land Niedersachsen, vertr. d. d. Polizeidirektion Hannover,
Beigeladene: 1. Region Hannover

2. Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen

Der Kläger wendet sich gegen die von der Polizeidirektion Hannover zu betreibende neuartige Art der Geschwindigkeitsüberwachung. Ihre Besonderheit besteht darin, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit über eine längere, hier rund zwei Kilometer umfassende Strecke ermittelt wird. Deshalb werden bei Ein- und Ausfahrt in die bzw. aus der überwachte(n) Strecke vorsorglich die Kennzeichen aller Fahrzeuge erfasst, und zwar unabhängig von ihrer Geschwindigkeit.

Mit Urteil vom 12. März 2019 hat das Verwaltungsgericht dem Beklagten antragsgemäß verboten, von dem Kläger geführte Fahrzeuge mittels der sog. Abschnittskontrolle auf der B 6 zwischen Gleidingen und Laatzen zu überwachen. Ausschlaggebend für die Stattgabe der Klage war die damalige Rechtslage. Das Verwaltungsgericht sah gestützt auf aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits in der nur wenige Minuten andauernden Speicherung von anonymisierten Fahrzeugdaten einen Eingriff in das Grundrecht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung. An der deshalb erforderlichen Rechtsgrundlage habe es im März 2019 gemangelt.

Durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung ebenfalls vom 12. März 2019 (Az. 7 B 850/19) hat das Verwaltungsgericht dem Beklagten ergänzend ab sofort die Überwachung der vom Kläger geführten Fahrzeuge untersagt. In der Folge ist diese Geschwindigkeitsüberwachungsanlage ausgeschaltet worden. Der 12. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat durch Beschluss vom 10. Mai 2019 (Az. 12 ME 68/19) die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 12. März 2019 zurückgewiesen. Die Polizeidirektion Hannover hat sich danach für den zunächst unterlegenen Beklagten darauf berufen, mit dem Ende Mai 2019 wirksam gewordenen § 32 Abs. 7 des Niedersächsischen Polizeigesetzes (= NPOG) sei nachträglich die erforderliche gesetzliche Eingriffsermächtigung geschaffen worden; deshalb sei der Beschluss des Verwaltungsgerichts mit Wirkung für die Zukunft zu ändern und der Betrieb der Abschnittskontrolle wieder „vorläufig freizugeben“. Diesem Begehren hat der 12. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts durch Beschluss vom 3. Juli 2019 (Az. 12 MC 93/19) entsprochen.

Die Beklagte und die Datenschutzbeauftragte (Beigeladene zu 2) haben zunächst weiterhin unterschiedliche Ansichten über die datenschutzrechtlichen Anforderungen an den Betrieb der Abschnittskontrolle vertreten, insbesondere über die Art und Weise, in der Verkehrsteilnehmer hierauf und auf ihre Rechte hinzuweisen seien. Sie haben sich inzwischen aber über die Neugestaltung des Hinweisschildes vor Ort (§ 32 Abs. 7 Satz 4 NPOG) und der Hinweise auf der Homepage der Polizei Hannover verständigt. Bis zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen bleibt die Anlage weiter außer Betrieb.

Der Kläger hält hingegen auch § 32 Abs. 7 NPOG für keine taugliche Rechtsgrundlage. Die Abschnittskontrolle müsse als einheitliche Maßnahme zur Feststellung von Geschwindigkeits­überschreitungen und damit als Teil eines Bußgeldverfahrens verstanden werden. Dies zu regeln, falle aber in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Materiell-rechtlich sei § 32 Abs. 7 NPOG zu unbestimmt. Denn er grenze die so zu überwachenden Straßenabschnitte nicht hinreichend, etwa auf besonders gefährliche Bereiche, ein und enthalte keine näheren Angaben über das „Kennt­lichmachen“ der Überwachung. Jedenfalls bezogen auf den in Rede stehenden Einsatzort auf der B 6 sei die Abschnittskontrolle zudem nicht erforderlich. Schließlich böten sich andere Strecken zur Erprobung der Abschnittskontrolle an.

§ 32 Abs. 7 NPOG lautet:

Die Verwaltungsbehörden und die Polizei dürfen im öffentlichen Verkehrsraum zur Verhütung der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von Kraftfahrzeugen nach Maßgabe des Satzes 2 Bildaufzeichnungen offen anfertigen und damit auf einer festgelegten Wegstrecke die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Kraftfahrzeugs ermitteln (Abschnittskontrolle). Die Bildaufzeichnungen dürfen nur das Kraftfahrzeugkennzeichen, das Kraftfahrzeug und seine Fahrtrichtung sowie Zeit und Ort erfassen; es ist technisch sicherzustellen, dass Insassen nicht zu sehen sind oder sichtbar gemacht werden können. Bei Kraftfahrzeugen, bei denen nach Feststellung der Durchschnittsgeschwindigkeit keine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vorliegt, sind die nach Satz 2 erhobenen Daten sofort automatisch zu löschen. Die Abschnittskontrolle ist kenntlich zu machen.

13.11.2019, 14:00 Uhr, Sitzungssaal 1

Windkraftanlagen im Korridor für Hubschraubertiefflüge der Bundeswehr? (Stadt Hameln)

12 LB 123/19; Vorinstanz: VG Hannover - 12 A 828/17 -

Bundesrepublik Deutschland, vertr. d. d. Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr. /. Stadt Hameln (Proz.-Bev.: Rechtsanwälte Dr. Eick und andere)

Beigeladene zu 1 und weitere Berufungsklägerin: A. (Proz.-Bev.: Ebert Rechtsanwaltsgesell

schaft)

zu 2: Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr

Die klagende Bundesrepublik Deutschland wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem die beklagte Stadt Hameln der Beigeladenen zu 1), einer Projektierungsgesellschaft für Windenergie, im Dezember 2016 eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von drei Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von knapp 200 m erteilt hat.

Die Klägerin macht geltend, dass die Genehmigung bereits aufgrund der nach § 14 Abs. 1 LuftVG zwingend vorgeschriebenen, hier aber von der Beigeladenen zu 2) als Luftfahrtbehörde zum Schutz des militärischen Hubschraubertiefflugs ausdrücklich versagten fehlenden Zustimmung rechtswidrig sei. Hierüber habe sich die Beklagte nicht hinwegsetzen dürfen. Das Vorhaben sei außerdem nach § 35 BauGB planungsrechtlich unzulässig. Ihm stünde der ungeschriebene, im Rahmen des § 35 BauGB aber anerkannte Belang der Verteidigung entgegen. Sollten die Windenergieanlagen errichtet werden, müsse nämlich ihre in diesem Bereich liegende, von Bückeburg aus mit Hubschraubern genutzte Tiefflugstrecke aufgegeben werden.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) als Trägerin des Vorhabens sind der Ansicht, dass die fehlende luftverkehrsrechtliche Zustimmung der Beigeladenen zu 2) jedenfalls im gerichtlichen Verfahren zu ersetzen sei. Denn die Durchführung von Hubschraubertiefflügen werde durch die noch streitigen drei Windkraftanlagen nicht erheblich beeinträchtigt.

Das Verwaltungsgericht hat der Anfechtungsklage mit Urteil vom 6. Dezember 2018 stattgegeben. Dazu müsse nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Genehmigung rechtswidrig sein und zusätzlich Rechte der Klägerin verletzen. Die Genehmigung sei objektiv schon deshalb rechtswidrig, weil die erforderliche Zustimmung der Beigeladenen zu 2) nach § 14 Abs. 1 LuftVG fehle. Es sei aber offen, ob die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt worden sei. Jedenfalls sei die Genehmigung bauplanungsrechtlich gemäß § 35 BauGB wegen Verstoßes gegen den öffentlichen Belang der Verteidigung rechtswidrig. Auf eine Verletzung des ihr nach Art. 87a Abs. 1 Satz 1 GG obliegenden Verteidigungsauftrages könne sich die Klägerin insoweit auch erfolgreich berufen.

Auf die Anträge der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) hat der Senat mit Beschluss vom 17. Juli 2019 die Berufung zugelassen. Das Berufungsverfahren kann dem Senat die Gelegenheit geben, die vom Verwaltungsgericht offen gelassenen Fragen zu klären, ob die fehlende luftverkehrs­rechtliche Zustimmung der Beigeladenen zu 2) in diesem Anfechtungsprozess ersetzt werden kann und falls nein, ob die Klägerin bereits durch die Missachtung dieser fehlenden Zustimmung in ihren Rechten verletzt worden ist.

§ 14 Abs. 1 Halbsatz 1 LuftVG lautet:

Außerhalb des Bauschutzbereichs darf die für die Erteilung einer Baugenehmigung zuständige Behörde die Errichtung von Bauwerken, die eine Höhe von 100 Metern über der Erdoberfläche überschreiten, nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden genehmigen.


Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
RiOVG Heiko Leitsch

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
Uelzener Str. 40
21335 Lüneburg
Tel: 04131/718-154
Fax: 05141/5937-32300

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