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RiOVG Dr. Jürgen Rettberg
Nds. Oberverwaltungsgericht
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In den am 28. Februar, 1. und 2. März 2006 verhandelten Streitsachen wegen des Planfeststellungsbeschlusses vom 22. Mai 2002 für die Errichtung und den Betrieb des ehemaligen Eisenerzbergwerks Konrad in Salzgitter als Anlage zur Endlagerung radioaktiver Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung (schwach- und mittelradioaktive Abfälle) und der gleichzeitig erteilten wasserrechtlichen Erlaubnisse hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 7. Senat - am 8. März 2006 die Urteile verkündet. Es hat die Klagen der Gemeinde Lengede, der Stadt Salzgitter und der Gemeinde Vechelde (7KS 145/02, 146/02 und 154/02) als unzulässig und die Klage zweier Landwirte (7 KS 128/02) als unbegründet abgewiesen.
Das Gericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kommunen durch die angefochtenen Entscheidungen des Niedersächsischen Umweltministeriums nicht in ihren Rechten betroffen sind. Sie werden durch das Vorhaben weder in ihrer Planungshoheit noch als Eigentümerinnen von Grundstücken oder als Betreiberinnen kommunaler Einrichtungen noch sonst in rügefähigen Rechten berührt. Davon abgesehen hätten die Klagen der Kommunen auch in der Sache keinen Erfolg haben können, denn der Planfeststellungsbeschluss und die wasserrechtlichen Erlaubnisse verletzen deren Rechte nicht. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Klage der beiden Landwirte.
Das durchgeführte Verwaltungsverfahren lässt Mängel nicht erkennen. Der von den Klägern bezweifelte Bedarf für das Vorhaben ist unabhängig davon, ob diese Frage von ihnen zur gerichtlichen Prüfung gestellt werden kann, angesichts der gesetzlichen Verpflichtung des Bundes, Anlagen zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle einzurichten, und der bereits angefallenen und noch weiter zu erwartenden Abfallmengen gegeben. Die Erforderlichkeit des Endlagers kann deshalb auch nicht mit dem Hinweis auf vorhandene Zwischenlager oder die Vorzugswürdigkeit eines einzigen Endlagers für alle Arten radioaktiver - also auch wärmeentwickelnder - Abfälle, dessen Realisierbarkeit ungewiss war und ist, bezweifelt werden. Eines ausdrücklichen Beschlusses des Parlaments über die vorgesehene Form der dauerhaften und nach Verschluss der Schächte wartungsfreien Endlagerung in tiefen geologischen Schichten bedurfte es neben den vorhandenen gesetzlichen Grundlagen im Atomgesetz nicht. Ein Mangel besteht auch nicht darin, dass alternative Standorte nicht umfassend und vergleichend untersucht worden sind. Ein derartiges Standortsuchverfahren ist nach den geltenden atomrechtlichen Bestimmungen nicht vorgesehen.
Im Übrigen sind für die Kläger rechtlich erhebliche Nachteile damit nicht verbunden, denn die Prüfung der Planfeststellungsbehörde hat ergeben, dass der vorgesehene Standort geeignet und die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden und Risiken getroffen worden ist. Der Senat hatte insoweit lediglich zu überprüfen, ob die der behördlichen Entscheidung zugrunde liegenden Annahmen auf einer ausreichend ermittelten Datenbasis beruhen und die Sicherheitsbewertungen hinreichend vorsichtig sind. Das ist zu bejahen.
Im bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage ist nach den nachvollziehbaren Feststellungen und Bewertungen der Planfeststellungsbehörde gewährleistet, dass die maßgeblichen, dem Schutz der Umgebungsbevölkerung dienenden Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung selbst an den ungünstigsten Einwirkungsstellen deutlich unterschritten werden. Das gilt auch unter Berücksichtigung der von den klagenden Landwirten geltend gemachten besonderen Expositionspfade, Arbeitsbedingungen und Ernährungsgewohnheiten.
Auch von den wasserrechtlichen Erlaubnissen, insbesondere der gestatteten Einleitung von Grubenwasser in Oberflächengewässer, gehen keine die Kläger nachteilig berührenden Wirkungen aus.
Gegen Gefahren und Risiken durch Störfälle ist ebenfalls hinreichend Vorsorge getroffen worden. Die einzelnen Transportvorgänge unterliegen gesonderter Prüfung und sind nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens für die Errichtung und den Betrieb der Anlage. Im Hinblick auf den Schutz zukünftig lebender Generationen erfordert das Vorhaben unter dem Gesichtspunkt der Langzeitsicherheit den Nachweis, dass ein wartungsfreier Verbleib der eingelagerten radioaktiven Abfälle auf Dauer gefahrlos ist. Ungeachtet dessen, dass die Kläger Entwicklungen, wie sie frühestens in mehreren hunderttausend Jahren erwartet werden, nicht zum Anlass von Rügen nehmen können, ist ihr Vorbringen nicht geeignet, den von dem Beklagten erbrachten Nachweis zu erschüttern.
Auch die Ansicht der Kläger, die Risiken eines terroristischen Angriffs in Form eines gezielten Flugzeugabsturzes seien nicht hinreichend beurteilt worden, ist unzutreffend. Bei diesen Gefahren und Risiken, die die Planfeststellungsbehörde betrachtet und bewertet hat, handelt es sich - sofern darauf das Atomgesetz überhaupt Anwendung findet - nicht um anlageimmanente Betriebsrisiken, sondern ihrer Art und Reichweite nach um unbestimmte und allenfalls begrenzt voraussehbare Akte, deren Abwehr als im Schwerpunkt gesamtstaatliche Aufgabe vornehmlich von den dafür zuständigen Behörden und Sicherheitsorganen im öffentlichen Interesse zu leisten ist. Welche Maßnahmen erfolgversprechend sind, obliegt ihrer pflichtgemäßen Entscheidung und Verantwortung, ohne dass Dritte - wie die Kläger - insoweit befugt sind, die Erfüllung dieser Verpflichtung in Gestalt bestimmter Maßnahmen zu verlangen. Im Übrigen hat die Prüfung des Beklagten ergeben, dass selbst bei einem unterstellten Flugzeugabsturz auf die übertägigen Anlagen des geplanten Endlagers katastrophenartige Auswirkungen nicht zu erwarten sind und eine Evakuierung von Personen wegen radiologischer Wirkungen in der Umgebung nicht erforderlich wäre.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen die Urteile nicht zugelassen. Die Kläger können dagegen Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen.
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