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Anwesenheit von Rechtsanwälten darf Räumung einer Blockade nicht behindern

Der 11. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat mit Urteil vom 30. August 2012 - 11 LB 372/10 - polizeiliche Maßnahmen, die gegenüber Rechtsanwälten im Zusammenhang mit dem Castor-Transport im November 2006 ergangen waren, teilweise für rechtswidrig und teilweise für rechtmäßig erklärt.

Kläger des Verfahrens sind zwei Rechtsanwälte und eine Rechtsanwältin. Als Mitglieder eines sog. "Anwaltlichen Notdienstes" waren sie im November 2006 im Rahmen der Proteste gegen den Castor-Transport nach Gorleben tätig. Am Abend des 12. November 2006 wurde auf die planmäßige Straßentransportstrecke in Langendorf eine Betonpyramide verbracht, an der sich vier Personen angekettet hatten. Die Kläger gelangten nach vorhergehenden polizeilichen Kontrollen mit Verzögerung zu den angeketteten Personen und verblieben dort, bis die technischen Vorbereitungen zur Beseitigung der Störung beendet waren. Die klagenden Rechtsanwälte mussten sich gegen 23.00 Uhr hinter eine Sperre ca. 15 Meter von der Pyramide entfernen, bis gegen 0.45 Uhr am 13. November 2006 alle vier Personen von der Pyramide gelöst und diese gegen 1.15 Uhr in Krankenhäuser verbracht worden waren.

Mit ihrer im März 2007 beim Verwaltungsgericht Lüneburg erhobenen Klage begehrten die Kläger die Feststellung, dass die von ihnen als Behinderung ihrer anwaltlichen Berufsausübung bezeichneten polizeilichen Maßnahmen, insbesondere die Beschränkungen des Zuganges zu ihren angeketteten Mandanten und die Erteilung von Platzverweisen, rechtswidrig gewesen seien. Das Verwaltungsgericht wies die Klage durch Urteil vom 17. Juni 2009 als unzulässig ab. Auf die Berufungen der Kläger hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht nunmehr die Klage für zulässig und teilweise begründet, im Übrigen für unbegründet erklärt. Rechtswidrig war es danach, die Kläger an äußeren Polizeiabsperrungen um Langendorf längere Zeit aufzuhalten, nachdem sie sich als Rechtsanwälte legitimiert hatten. Ebenso rechtswidrig war es, sie ab 0.45 Uhr nicht wieder zu den von der Pyramide gelösten Mandanten zu lassen. Insoweit lagen jeweils die Voraussetzungen des niedersächsischen Polizeigesetzes (Nds. SOG) für entsprechende Eingriffsmaßnahmen nicht vor. Hingegen war es gerechtfertigt, den Klägern einen Platzverweis nach § 17 Abs. 1 Nds. SOG zu erteilen und sie deshalb hinter die Absperrung zu verweisen, solange die polizeilichen Arbeiten an der Betonpyramide andauerten. Andernfalls hätten sie diese Arbeiten behindert. Eine rechtswidrige Beeinträchtigung der anwaltlichen Berufsausübung hat der Senat insoweit nicht erkennen können.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat der Senat die Revision gegen sein Urteil zugelassen, soweit die Klage abgewiesen worden ist.

Artikel-Informationen

erstellt am:
31.08.2012

Ansprechpartner/in:
RiOVG Sven-Marcus Süllow

Nds. Oberverwaltungsgericht
Pressestelle
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21335 Lüneburg
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Fax: 04131 718 - 208

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